Da Jörn an diesem Tag das Haarbändchen, an das man sich in letzter Zeit gewohnt hatte, nicht trug, mußte ich nicht lange überlegen, bevor mir eine Eröffnungsfrage einfiel - wo war das Bändchen? Er antwortete, daß er heute nicht in der richtigen Stimmung dafür sei. Seine Antwort auf die Frage, ob das Tragen des Bändchens von seiner Laune abhänge, war etwas ausführlicher:
"Was ich trage (generell gemeint; nicht nur in Bezug auf meine Haare), bezieht sich ziemlich auf meine Stimmung, wobei ich versuche, bewußt zu variieren. Aber das, was ich trage, wenn ich morgens aus dem Haus gehe, betrachte ich als einfache Gegenstände, nicht als Ausdruck meiner jeweiligen seelischen Verfassung... Ich möchte zusätzlich betonen, daß es nicht auf mangelnden Geschmack zurückzuführen ist, wenn ich mal sehr farbige oder scheinbar nicht abgestimmte Kleidungsstücke trage. Ich habe zu dem Zeitpunkt halt Bock, genau das zu tragen."
"Ich versuche, nicht einen Typ zu repräsentieren. Ich hasse es, in eine bestimmte Kategorie eingeordnet zu werden, denn unsere Gesellschaft zieht viel zu sehr auf den Einheitsmenschen ab - und dagegen wehre ich mich. Ich bin Individualist; was nicht heißt, daß ich nicht bereit bin, mich in gewisser Hinsicht anzupassen. Sonst würde es ja mit der Schule und später mit dem Studium nicht klappen. Die Gesellschaft kann nur ihren Zweck und Sinn erfüllen, wenn wir nach bestimmten Regeln leben, sonst verfällt alles in Anarchie."
Als Jörn gerade eine Atempause machte, ging ich schnell zur nächsten Frage weiter - seine kurzfristigen Pläne für die Zeit nach dem Abitur. Ich erfuhr, daß er zusammen mit Björn Zimmer diesen Sommer eine achtwöchige Reise quer durch die USA plant - "um ein Gesamtüberblick zu gewinnen", wie er wörtlich sagte. Danach wird er voraussichtlich fünfzehn Monate lang beim Bund als LKW-Fahrer die Straßen terrorisieren. Später will der Feldhockey-Star Jura studieren, und zwar in Heidelberg oder Konstanz, da an diesen Unis vergleichsweise familiäre Studienverhältnisse herrschen würden. Daß er folglich auch ziemlich weit weg von Zuhause studieren würde, betrachtet er nicht als eine primäre Überlegung bei seiner Auswahl von Studienorten, aber es sei seiner Meinung nach "ein ganz netter Aspekt". Jörn betonte, daß er ein sehr gutes Verhältnis zu seiner Familie habe, aber er fände es nicht schlecht, mal auf eigenen Füßen stehen zu müssen.
Zum Thema Schule meinte Herr Maurer: "Die Schule sehe ich als einen Lebensabschnitt, der irgendwann auch mal vorbei ist. Das Abitur war für mich nicht der Höhepunkt." Auf meine Frage, ob er nicht trotzdem irgendwelche Trauer empfinde, antwortete er entschieden: "Ne,... Ich stelle mich gerne auf neue Sachen um; deswegen freue ich mich auch auf den Bund - wegen den neuen Erfahrungen. Ich bin dem Leben gegenüber recht positiv eingestellt."
Jörns Hauptbeschäftigung scheint das Hockeyspielen zu sein. Er hat auch nicht vor, mit Erreichen der Hochschulreife diesen Sport aufzugeben; die Mannschaft sei sowieso zur Zeit geschwächt und er werde gebraucht.
Bei meiner Abschlußfrage nach einem möglichen Lebensmotto macht der Befragte folgende Aussage: "Es ist meiner Meinung nach viel zu früh, um sowas festzulegen. Sogar im fortgeschrittenen Alter unterliegt man Schwankungen und ist Gemütsänderungen ausgesetzt."
Na, was machst Du denn jetzt?
Unternehmensberater bei Dr. Wieselhuber & Partner (www.wieselhuber.de) als consultant im Bereich public/management in D-dorf und selbständiger Rechtsanwalt in Köln
Wie kommt's denn dazu?
Nach dem 2. Staatsexamen Jura und Studium an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer (DHV) der Drang, ein Leben nach "Jura" zu leben.
Und privat?
unverheiratet, unbeweibt, keine Kinder, Rückgang aus dem aktiven Hockeysport 1998