Grün – Alternatives Jugendbündnis NRW
Ramona Pop
Fon: 0177 - 4313265

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Rede zur Anerkennung des GAJB NRW auf dem grünen Landesparteitag am 15. Mai in Hagen

Seit Ende Februar gibt es uns offiziell, das Grün-Alternative Jugendbündnis in Nordrhein-Westfalen. Fast ein Jahr lang ist diese Gründung im grün-alternativen Jugendspektrum heiß diskutiert worden. Die Vorliebe zu Strukturdebatten und Nabelschauen scheint im Jugendspektrum ähnlich groß zu sein, wie in der grünen Partei. Heiße Diskussionen, harte Auseinandersetzungen und sogar eine geplatzte Gründungsversammlung hatten wir zu vermelden. Die Debatte lähmte das Jugendspektrum für Monate in einer wichtigen Zeit  es war nämlich Bundestagswahlkampf. Doch Ende Februar war es vollbracht, 120 Jugendliche gründeten in Krefeld das GAJB.
Wir sehen die grüne Partei als unseren Ansprechpartner und stehen ihr nahe, wollen aber politisch und auch strukturell von ihr unabhängig sein.

Wir wollen einen starken und schlagkräftigen Jugendverband, in dem Jugendliche ihre Forderungen an die Gesellschaft und an die grüne Partei laut und deutlich formulieren und durchsetzen. Keineswegs sind wir ein Anhängsel der grünen Partei oder die Plakatklebertruppe, wir wollen grüne Politik prägen und nach vorne bringen. Dabei soll ein Jugendverband visionärer und emanzipatorischer als eine Parteimaschinerie denken, wir werden uns sicherlich nicht den Mund verbieten lassen!!!  Und uns auch nicht auf die Spielwiese der Jugendpolitik abschieben lassen! Denn wir haben bei allen Themen ein Mitspracherecht, schließlich geht es um unsere Zukunft, die wir maßgeblich mitbestimmen wollen!
Aber wir können und wollen auch nicht, verpatzte Politik wieder gerade biegen. Wir wollen Impulse liefern für die Zukunft und für die grüne Partei, der Partei genau auf die Finger schauen und Kritik üben, wo sie angebracht ist.

Dabei ernstgenommen zu werden ist schwer, sogar in der grünen Partei, wo inzwischen 20 Jahre Parteizugehörigkeit anscheinend mehr zählen, als frische Ideen und neue Gedanken! Die Angst vor einer nicht angepaßten Jugend, wo wir doch gerade in Regierungsverantwortung sind, treibt so manchem den Angstschweiß in die Stirn!!!

Doch wer, wenn nicht wir, die Jugend, ist noch in der Lage Visionen zu formulieren???   Politik braucht Visionen, aber auch unverrückbare Grundsätze. Diese für unsere Generation, für die Zukunft zu finden und formulieren, ist unsere Aufgabe. Mutig in die ungewisse Zukunft gehen. Die Risiken beachten, die Chancen nutzen und Realitäten anerkennen. Nicht mit dem moralischen Zeigefinger, aber mit politischen Grundprinzipien wie Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Zivilcourage. Ich glaube immer noch an eine Zukunft, in der soziale Gerechtigkeit und die tatsächliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen gelebte Realität sein werden. Nur wenn wir den Mut besitzen, dazu zu stehen und uns dafür einzusetzen, wird es Wirklichkeit werden. Wenn wir aber die Hände in den Schoß legen, oder wir uns aufgrund politischen Drucks von unseren Visionen verabschieden, haben wir keine Zukunft.

Viel zu spät ist der Groschen gefallen bei den Alten. Diese Partei ist lange schon keine Jugendpartei mehr, sie ist nicht einmal mehr jugendlich. Die letzten Wahlen haben das ganz deutlich gezeigt, uns laufen die Jungwählerinnen weg. Das ist für uns fatal, wenn man sich ansieht, daß wir hauptsächlich von Jugendlichen und vor allen Dingen von jungen Frauen gewählt werden. Die berechtigte Frage ist dann: was bieten wir diesen Menschen? Die Bilanz ist vor allem in der grünen Frauenpolitik mehr als kläglich. Keine Einhaltung der Quote bei Ämterbesetzungen und Männerbünde weit und breit! Wenn wir es innerparteilich nicht schaffen, die Gleichberechtigung zu leben, wie wollen wir dann diese als politisches Ziel verkaufen?

Jugendliche scheinen sich weniger denn je mit grüner Politik zu identifizieren.
Doch was bewegt die Jugend? Es sollte uns allen klar sein, daß es in Zeiten gesellschaftlicher Individualisierung keine homogene Jugend mehr geben kann. Es kann keine Partei geben, die die ganze Jugend vertritt.
Wir brauchen eine klare Abgrenzung gegenüber anderen Parteien, denn nur durch die Bildung eines deutlich eigenen Profils werden wir überhaupt noch wahrgenommen. Abgrenzung, nicht Anpassung ist hier gefragt. Warum sollte denn jemand eine FDP light wählen, wenn er genausogut das Originalprodukt haben kann???

Für uns stellt sich die Frage, welchen Teil der Jugend wir mit unseren Konzepten ansprechen wollen. Natürlich sollte es der größtmögliche Teil sein, aber wir sollten nicht darauf verfallen, es allen recht machen zu wollen. Es ist illusorisch zu glauben, daß man Jugendliche mit dem Propagieren des Autos als Freiheitssymbol wieder ins Boot bekommt. Dafür erntet man allerhöchstens ein müdes Lächeln, denn diese Binsenweisheit hören sie in jeder Werbepause. Und es gibt verdammt viele Werbepausen!!!

Vielmehr müssen wir auf die Vernetzung neuer, moderner Themen mit urgrünen Forderungen setzen. Das hieße: Internet / Neue Medien mit BürgerInnenrechte, Steuerpolitik mit soziale Gerechtigkeit, Arbeitsmarktpolitik mit Gleichberechtigung... Diese Liste läßt sich endlos weit fortsetzen.
Grüne Grundsätze mit aktuellen Themen koppeln und dabei nicht vergessen, wo wir politisch stehen.
Neue Themen grün zu besetzen bedeutet aber nicht eine automatische Anbiederung an die Wirtschaft. Das hat Kanzler Schröder auch schon erfolglos versucht. Das Ergebnis ist allen bekannt: eine herumeiernde Politik, die es keinem recht macht.
Wir müssen auf die Lebensrealitäten Jugendlicher eingehen, die oftmals Arbeitslosigkeit, miserable Studienbedingungen und kaum Mitspracherechte beinhalten.
Nicht ohne Grund fanden die Studierendenstreiks Ende `97 ihren Anfang in Hessen. Eine Bildungspolitik mit dem Rotstift betrieben war das Merkmal der rot-grünen Regierung in Wiesbaden. Und nicht umsonst ist diese Regierung bei den Wahlen abgestraft worden. Die Grünen mußten in Uni-Städten Verluste bis zu 8% hinnehmen, weil auch sie keine Antworten gefunden hatten auf die Proteste!

Das Muster scheint sich zu wiederholen, denken wir an den sogenannten Qualitätspakt der nordrhein-westfälischen Bildungsministerin. Ministerin Behler will 2000 Stellen im Hochschulbereich streichen!!! Im Hinblick auf die Landtagswahl im nächsten Jahr wären wir aber schlecht beraten, eine unserer Hauptklientel, - die Studierenden- , durch weitere Einsparungen vor den Kopf zu stoßen. Gerade in diesem Bereich haben wir nicht nur einen guten Ruf, sondern auch verstärkt WählerInnenstimmen zu verlieren.

Gestern auf der Sonder-BDK ist viel gesagt worden zu dem Krieg im Kosovo, zu den letzten Wochen und auch zu der aktuellen Lage. Aber niemand hat es für nötig gehalten über die Zukunft zu sprechen, in der unsere Generation leben wird. Gedacht wird bis zur eigenen Nasenspitze, frei nach dem Motto: nach mir die Sintflut!

Niemand scheint sich heute über die Folgen dieses Krieges Gedanken zu machen. Es geht um Macht, Regierungsbeteiligung, Bündnistreue und vielleicht vereinzelt auch um Menschenrechte. Aber es geht auch um die Zukunft, um unsere Zukunft. Denn meine Generation ist diejenige, die mit den Folgen dieses kurzsichtig angezettelten Krieges leben muß. Und wie immer die Scherben einer Hauruck Politik wieder aufräumen muß!!!
Die politische, wie auch wirtschaftliche Verwüstung des Balkan bleibt uns überlassen, wie die vielen Castoren, die in Gorleben und Ahaus lagern!!!

Zur Zeit läuft kaum beachtet der Europawahlkampf. Aber welche Visionen sollen Jugendliche jetzt noch mit Europa verbinden??? Eine gesamteuropäische Sicherheitspolitik ist in weiter Ferne gerückt, ebenso die Hoffnung auf ein großes, starkes Europa, das sich nicht nur auf den Wirtschaftsraum im Westen beschränkt. Europa ohne Blöcke? Europa ohne Grenzen? Das bleibt wohl eine Traumvorstellung!

Ich möchte als Jugendliche eine Politik, die nicht auf die militärische Logik, sondern auf die Stärke der Politik setzt. Die Politik und ihre Glaubwürdigkeit, und damit meine ich nicht nur grüne Glaubwürdigkeit, hat unter diesem Krieg gelitten. Sie ist verschwunden, als die ersten Bomben gefallen sind. Krieg ist doch ein Mittel der Politik, das ist die Botschaft für die Zukunft!
Wenn die alten Männer, die jetzt regieren, längst in Rente sind, müssen wir ihre Scherben einsammeln und für ein friedliches Miteinander in Europa arbeiten. Deswegen müssen wir diese Debatte weiterführen und uns nicht mit einem Kompromiß abspeisen lassen!

Es gibt noch mehr, was wir tun müssen:
Forderungen nach einer Bildungspolitik, die sich an den Interessen der Jugendlichen richtet, die Senkung des Wahlalters, die Einführung einer Ausbildungsplatzumlage und eine humane Drogenpolitik, das sind Forderungen, die Jugendliche ansprechen, aber bei uns sind sie unpopulär geworden.

Wo bleiben denn die erwachsenen Politikerinnen, die sich dafür einsetzen??? Indem wir auf die Lebensrealitäten junger Menschen eingehen, auf ihre Wünsche und Bedürfnisse werden wir glaubwürdig. Denn ohne Ausbildungsplatz kann sich keiner ein Handy leisten, auch wenn wir öffentlich die Tarifsenkung propagieren, werden wir damit keinen Blumentopf gewinnen  und erst recht keine Jugendlichen, die sich für grüne Politik interessieren!!!

Junge Menschen sind nicht dumm! Sie wollen hören, WIE wir die Dinge besser machen wollen und sehen, daß wir jungen Menschen innerhalb der Partei eine Chance geben!!

Urgrüne Themen und Forderungen sind nicht alt und angestaubt! Laßt Euch von dieser Drohung nicht einschüchtern! Jugendliche wünschen sich eine solidarische, gleichberechtigte Gesellschaft, eine intakte Umwelt und eine friedliche Zukunft!

Indem wir unsere Kräfte bündeln, werden wir es schaffen, schnarchnasige Alt-Grüns wieder auf Trab zu bringen und uns Gehör zu verschaffen in einer Partei, die die Fahne der Jugend immer noch hochhält. Selbst aber schon längst angegraut ist!!  Jungsein allein ist lange noch kein Qualitätsmerkmal, aber 20 Jahre Parteizugehörigkeit sind es sicherlich auch nicht!
Es geht auch darum, Jugendliche zu ermutigen, sich in die Politik einzumischen und sie dabei zu unterstützen. Ihnen ist nicht mit Mißtrauen oder sogar Besitzstandsängsten zu begegnen!!
Schließlich sind wir diejenigen, die diese Partei in den nächsten Jahren maßgeblich mitgestalten werden. Und wir wollen nicht warten, bis wir uns hochgedient haben!
Deswegen ist es wichtig und ich spreche jetzt alle jungen Leute hier im Saal an, sich auch weiterhin in der grünen Partei zu engagieren, um junge Menschen und frische Ideen in der Partei nach vorne zu bringen und uns nicht auf eine Spielwiese innerhalb des Jugendverbandes reduzieren zu lassen.

Unsere Belange können nur wir selber vertreten, das sollten wir nicht alten Männern in grauen Anzügen überlassen!!
Einmischen und mitbestimmen von Anfang an ist das, was wir wollen!

Jugendliche sind kein Stimmvieh, die der Politik Stimmen und damit Macht garantieren sollen, sondern die Zukunft der Partei und der Gesellschaft. Deswegen haben wir ein Recht auf Respekt und Mitsprache welches wir uns nicht durch Anpassung und jahrelange   Zugehörigkeit erst verdienen müssen!!
Wir wollen beteiligt werden an Entscheidungen, die unser Leben auf Jahrzehnte hinaus beeinflussen werden!!!
 

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