Der Weg bis zu dieser Entscheidung war steinig. "Ben Büb", so wollte ein Kölner Ehepaar im Sommer vergangenen Jahres seinen Nachwuchs nennen. Doch der Standesbeamte lehnte ab. Der Beamte befürchtete "Auswirkungen für das Kindeswohl", was im darauffolgenden auch vom Amts- und Landgericht bestätigt wurde. Die "Bezeichnung" Büb als Kurzform der Verniedlichung "Bübchen" sei ebenso ungeeignet als Vorname wie eine Kurzform der Verniedlichung "Männlein", meinten die Richter. Es bestehe die Gefahr, daß der Namensträger bereits in Kindergarten und Schule "Kränkungen und Belastungen ausgesetzt sein wird". Als Jugendlicher und Erwachsener könne es "als herabsetzend angesehen werden, immer noch als kleiner Junge bezeichnet zu werden".
Dieser Einschätzung, die Ex-Boxer Gustav "Bubi" Scholz in seinem Grab zum Grämen bringen könnte, wollte das Oberlandesgericht Köln aber nicht folgen. Die Richter hatten Verständnis für den Vater, der seinen Sohn als Zeichen besonderer Zuneigung auch deshalb Büb nennen wollte, weil er selbst heute noch von Freunden und Familie so gerufen wird.
Erstens sei die gesetzliche Vorschrift, nach der der Vorname das Geschlecht des Kindes deutlich machen muß, durch Büb eindeutig erfüllt. Zweitens könne der Junge sich später auch für Ben als Rufnamen entscheiden. Und drittens werde er durch die "Betitelung" Büb auch nicht der "Lächerlichkeit preisgegeben": "Zum einen fehlt durch den Verzicht der Endung »-chen« die dem Wort Bübchen imanente Verniedlichung, zum anderen ist der dem Worte Bube beiliegende abwertende Charakter gerade nicht vorhanden."
Könnte das Urteil, das gerade rechtskräftig wurde, eine neue Ära kölscher Namensgebung einläuten? Werden Kölner Kinder in Zukunft Billa, Tünnes, Jupp, Döres, Pitter, Männ, Köbes oder etwa Schäng heißen dürfen? "Wohl kaum", meint Angelika Barg vom Standesamt. Die "Büb-Entscheidung" sei kein Grundsatzurteil in Richtung Volksmund, vielmehr müsse im Bedarfsfall über jeden Namensvorschlag einzeln entschieden werden.
"Bisher haben wir aber nur selten mit strittigen Fällen zu tun", berichtet die Beamtin. Fanta und Dior wurden im vergangenen Jahr erst nach längeren Diskussionen als Mädchennamen genehmigt. Nachdem die Bonner Botschaft von Tansania bestätigte, daß der in der Heimat durchaus gebräuchliche Name für Vertrauen und Zuversicht steht, durfte eine Neugeborene Dhamana genannt werden.
Was Eltern ihren Kinder gelegentlich antun wollen, zeigt die Liste der Namen, die bundesweit nicht akzeptiert wurden. Als "Fürchtegott" oder "Toni Tiger" sollten Jungen aus Süddeutschland durchs Leben gehen. Andere sollten Kiss Bizz, Crazy Horse, Skywalker, Data, Puschkin, Nick vom Ork, Kognak oder Grammophon heißen. Erlaubt, weil es sich zumeist um Zweitnamen handelte, wurden kürzlich aber Gor, Lynik und Merle für Mädchen sowie Simone, Speedy und Mikado für Jungen. Das Oberlandesgericht Frankfurt genehmigte 1998 erstmals den Namen Jesus.
Gerade Leute, die in der Öffentlichkeit stehen, neigen "aus Drang nach Einmaligkeit" zu fremd klingenden Namen, hat der Leipziger Sprachforscher Karlheinz Hengst festgestellt. Dies führe dann zu Kreationen wie Fritz-Bo, Sammy-Joy, Yoni Cyrus und Shane Cedrik. Rudi Dutschke etwa nannte seinen Sohn Hosea Che, Nina Hagen ihre Tochter Cosma Shiva.
Insgesamt jedoch hält in Deutschland der Trend zu eher klassischen Vornamen an. Im vergangenen Jahr standen Maria und Lukas an erster Stelle, wie die "Gesellschaft für deutsche Sprache" (GfdS) ermittelte. Bei den Jungen folgten Alexander, Maximilian, Daniel, Philipp und Felix, bei den Mädchen Julia, Anna/Anne, Sophie, Marie und Laura.
Einer Düsseldorferin, die sich nicht von der Top-Ten der gebräuchlichsten Namen inspirieren ließ, wurde vom Gericht eine "an elterliche Willkür grenzende Zumutung" bescheinigt. Sie wollte ihren Sohn Chenekwashow-Tecumseh-Migiskau-Ernesto-Kioma-Nikapi-Hun-Nizeo-Allesandro nennen.
Detlef Schmalenberg
Nachbarin hatte wegen zu lauter
Geräusche auf der Toilette geklagt
"Erzbischof Laurentius" hat ein Problem
Gericht verweigerte den Segen
Von Hariett Drack
Schlechte Karten für den selbst ernannten Erzbischof von Köln: Der
24-jährige Kölner, der hauptberuflich als Wachmann im Sicherheitsdienst
tätig ist und sich in seiner Freizeit als "Pater Laurentius" zu Höherem
berufen fühlt, riskiert nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes
erneut eine Kollision mit dem Strafgesetzbuch. Der Wachmann hatte in der
Religionsgemeinschaft der "Unabhängigen Katholischen Kirche" die
Karriereleiter vom Diakon über den Priester bis zum Erzbischof erklommen und
einen "Weihnachtsbrief" mit "Erzbischof Laurentius" unterzeichnet. Deswegen
musste er sich vor Gericht verantworten.
Wegen Titelmissbrauchs hatte ihn das Kölner Amtsgericht bereits im Oktober
vergangenen Jahres zu 4200 Mark Geldstrafe verurteilt. "Zu eindeutig sei die
Verwechslungsgefahr zu den Amtskirchen", hieß es in der Urteilsbegründung.
Vorübergehend aufatmen dann konnte Hochwürden - dessen Religionsgemeinschaft
in Köln ganze neun Mitglieder angehören -, als das Landgericht Köln ihn in
diesem Jahr in der Berufungsinstanz freisprach. Diesmal verwiesen die
Richter auf die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit.
Doch das Oberlandesgericht war jetzt in der Revisionsverhandlung der
Meinung, die vorangegangene Instanz habe es sich zu einfach gemacht; sie
hätte den Fall detaillierter aufklären müssen. "Der Freispruch hält einer
rechtlichen Überprüfung nicht stand", befanden die Richter und verwiesen den
Fall zurück an eine andere Strafkammer des Landgerichts, wo demnächst erneut
verhandelt werden muss.
Der Titel "Erzbischof" sei nun mal die Amtsbezeichnung der
römisch-katholischen Kirche. "Und die Amtskirche hat nun mal einen
Besitzschutz gegenüber den privaten Kirchengemeinden", begründete das OLG
seine Entscheidung. Berücksichtigt werden müsse auch im nächsten Anlauf auf
jeden Fall jenes Urteil der Düsseldorfer Kollegen, dem sich sogar das
Bundesverfassungsgericht angeschlossen hatte. Danach war ein selbst
ernannter Priester einer freien Kirche wegen Titelmissbrauchs rechtskräftig
zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Es sieht also nicht so gut aus für
die Nummer zwei der Kölner Erzbischöfe.
Gericht: Männer dürfen
stehen
Von DETLEV SCHMIDT
exp Köln - Wenn Nachbarn sich nicht leiden
können, muß meistens die Justiz darunter
leiden. Lesen Sie mal, womit sich das
Amtsgericht in zwei unglaublichen Prozessen
zu beschäftigen hatte.
In einem Mehrfamilienhaus wohnen Maria W.
und Fritz K. Tür an Tür. Die Wände sind dünn.
So dünn, daß man fast alle Geräusche aus der
Nachbarwohnung hört. Und darunter ganz
offensichtlich auch einige sehr intime. Denn
Maria W. nahm ihren Nachbarn auf
Unterlassung in Anspruch. Sie warf ihm vor,
daß er immer im Stehen uriniert. Und das
verursache unangenehme Geräusche, die sie
nicht erdulden müsse. Das Gericht möge Fritz
doch dazu bewegen, gefälligst auf der Klobrille
Platz zu nehmen.
Die Richter holten ein Gutachten ein - und
Maria hatte Pech. Das Benutzen der Toilette
gehöre zum Intimbereich. Ob Fritz nun stehe
oder sitze, sei seine Entscheidung. Es sei zwar
sicher hygienischer zu sitzen, aber: "Wer will
denn wirklich entscheiden, was ein normales
Geräusch oder ein zu lautes Plätschern ist."
Die Klage wurde abgewiesen, Fritz darf also
weiter stehen. Und Maria W. trägt die Kosten
des Rechtsstreits, immerhin rund 1500 Mark
(AZ 34 C 262/97).
Eine weitere verrückte Klage reichte Edelgard
P. beim Amtsgericht ein: Ihr Nachbar hatte sich
auf seinem Balkon eine dicke Zigarre
angesteckt. Der Qualm störte die Nachbarin.
"Er hat mir die ganze Wohnung verpestet",
schrieb sie dem Gericht. Und verlangte daß die
Richter ihrem Nachbarn das Rauchen auf dem
Balkon verbieten. "Er soll in seiner Wohnung
rauchen", verlangte sie.
Der Richter war zwar Nichtraucher, aber er
wies die Klage von Edelgard P. trotzdem ab.
Ein Rauchverbot, so argumentierte er, würde
mit Artikel 2 des Grundgesetzes kollidieren, der
jedem ein Recht auf Handlungsfreiheit
zugestehe. Ein Balkon sei ein Freiraum,
vergleichbar mit einer Straße, auf der auch
niemandem das Rauchen untersagt werden
könne.
Und der Richter verhinderte auch gleich, daß
die Justiz sich in einem Berufungsverfahren mit
dem Streit befassen müßte. Er setzte den
Streitwert auf 1000 Mark fest - damit ist nach
der ersten Instanz Ende. Edelgard wird den
Qualm der nachbarlichen Zigarre weiter
ertragen müssen. (AZ: 6 C 510/98).