Gebete

Psalm 23 - Das Vaterunser - Franziskusgebet - Ganzhingabe - Immerfort empfange ich mich - Segen der jüdischen Tradition - Friedensgebet der Bahá´í - Die Vier unermesslichen Qualitäten (buddhistisch) - Wer lässt uns leben? - Auf Dich schaue ich

Am anderen Ufer des Meeres. Zen-inspirierte Psalmen

Das Gebet ist in den meisten spirituellen und religiösen Traditionen ein wichtiges Element. Im christlichen Gebet legt der Betende sein ganzes Sein in die Hände Gottes, um so mit ihm "eins" zu sein, wieder zurückzukehren in den Zustand des "Nicht-Getrennt-Seins".

Anders als in den monotheistischen Religionen, in denen Gebete an "jemanden" gerichtet sind, gibt es im Buddhismus keinen "externen" Schöpfergott. Dennoch gibt es auch im Buddhismus eine Vielzahl von "Gebeten". Manche sind Rezitationen, die man ausführt, um die Gedanken in positive Bahnen zu lenken und nützliche Gefühle und Haltungen zu kultivieren. Andere scheinen eine der Manifestationen des Buddha um Segen zu bitten, sind aber tatsächlich Wege, die eigenen spirituellen Bemühungen zu inspirieren und anzuregen.

Hier sind einige Gebete aus verschiedenen spirituellen Traditionen vorgestellt.

 

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

Er lagert mich auf grünen Auen, er führt mich zu stillen Wassern. Er erquickt meine Seele.

Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um seines Namens willen.

Auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unheil,

denn du bist bei mir; dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich.

Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde;

du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über.

Nur Güte und Gnade werden mir folgen alle Tage meines Lebens;

und ich kehre zurück ins Haus des Herrn lebenslang.

Psalm 23

Vater unser im Himmel!

Geheiligt werde Dein Name. Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute,

und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern,

und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

Matthäus 6: 9-13 *

O Herr, mache mich zu einem Werkzeug Deines Friedens,

dass ich Frieden säe, wo Hass ist, Verzeihung, wo Verletzung ist,

Wahrheit, wo Irrtum ist, Vertrauen, wo Zweifel ist,

Hoffnung, wo Verzweiflung ist, Licht, wo Dunkelheit ist und

Freude, wo Traurigkeit ist.

 

O Herr, gib,

dass ich nicht so sehr danach strebe getröstet zu werden, sondern zu trösten,

nicht verstanden zu werden, sondern zu verstehen,

nicht geliebt zu werden, sondern zu lieben.

 

Denn im Geben empfangen wir,

im Verzeihen wird uns verziehen, und

im Sterben werden wir zu ewigem Leben geboren.

Amen.

Gebet eines anonymen "Normannen" (ca. 1915), dem Hl. Franziskus aus Assissi zugeschrieben.

Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu Dir!

Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu Dir!

Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen Dir!

Immerfort empfange ich mich aus Deiner Hand.

So ist es und so soll es sein.

Das ist meine Wahrheit und meine Freude.

Immerfort blickt Dein Auge mich an,

und ich lebe aus Deinem Blick,

Du mein Schöpfer und mein Heil.

Lehre mich in der Stille Deiner Gegenwart,

das Geheimnis zu verstehen, das ich bin.

Und das ich bin durch Dich und vor Dir und für dich.  

Romano Guardini (1885-1968)

ER segne und behüte dich.

ER lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

ER hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.

4. Mose/Numeri 6:24-26

Sei großzügig im Wohlstand, und dankbar in der Zeit der Not.

Sei gerecht in deinem Urteil und vorsichtig in deinem Reden.

Sei denen ein Licht, die im Dunklen sind und für den Fremden ein Heim.

Sei den Blinden die Augen und den Irrenden ein leitendes Licht.

Sei Atem des Lebens für den Körper der Menschheit,

sei Tau auf dem Boden des menschlichen Herzes

und Frucht auf dem Baum der Demut.  

Bahá’u’lláh

(verkürzte Version aus dem "Brief an den Sohn des Wolfes"- vollständige Version)

Mögen alle Wesen glücklich sein und die Ursachen des Glücks besitzen.

Mögen sie frei von Leid und dessen Ursachen sein.

Mögen sie niemals von wirklicher, sorgloser Freude getrennt sein.

Mögen sie bei Nah und Fern frei von Anhaftung und Abneigung in großem Gleichmut verweilen.

Wer lässt uns leben?

Wer lässt uns sehen?

Wer lässt uns hören?

Wer lässt uns sprechen?

Wer lässt uns leben?

Richte Dich, richte Dich tief nach innen.

Wer sich jetzt nach innen richtet, der ist das Wahre Selbst!

Sehen wir wirklich durch unsere Augen?

Hören wir wirklich durch unsere Ohren?

Sprechen wir wirklich durch unseren Mund?

Ist es wirklich der Körper, der unser Leben bestimmt?

Richte Dich, richte Dich tief nach innen.

Wer sich jetzt nach innen richtet, der ist das Wahre Selbst!

Dae-Haeng Keun Sunim

Auf Dich schaue ich, wohin mein Blick auch fällt.

Du stehst mir bei, in allem, was ich tue.

Alles was ist, ist nur durch Dich:

Himmel und Erde kommen aus Dir hervor.

 

Wohin ich auch gehe, immer treffe ich auf Dich.

Wenn ich schlafe, umfängst Du mich.

Wenn ich wache, hältst Du mich aus.

Verbrennt die Sonne mir die Lippen,

bringst Du mir klares Wasser.

Kriecht mir die Nacht unter die Haut,

stellst Du ein Licht in das Fenster.

 

Behüte dieses Leben

im Kommen und Gehen,

jetzt und alle Zeit.  

Arndt Büssing nach Psalm 121 (aus: Am anderen Ufer des Meeres. Zen-inspirierte Psalmen; Theseus-Verkag 2003)

* Die Doxologie "Denn Dein ist das Reich..." wurde bereits in einigen sehr alten Bibelhandschriften dem Vaterunser nach Matthäus 6: 9-13 hinzugefügt und ist seit etwa 100 n.Chr. belegt.