Wer sollte
Dehnen?
Jeder kann Dehnen lernen, ungeachtet des Alters oder der
Gelenkigkeit. Du mußt dafür keine hervorragende
körperliche Kondition haben und auch keine besondere
sportliche Begabung. Ob du den ganzen Tag über am
Schreibtisch sitzt, Gruben gräbst, den Haushalt besorgst,
am Fließband stehst, einen LKW fährst oder regelmäßig
Leibesübungen betreibst, es handelt sich um die gleichen
Techniken des Dehnens. Die Methoden sind sanft und leicht
und passen sich den individuellen Unterschieden in
Muskelspannung und Gelenkigkeit an. Also, wenn Du gesund
bist und kein spezifischen körperlichen Probleme hast,
kannst Du lernen, risikolos und genüßlich zu dehnen.
Warum Dehnen?
Weil Dehnübungen den Geist entspannen und den Körper
konditionieren, sollten sie ein Teil deines täglichen
Lebens sein. Du wirst entdecken, daß regelmäßiges
Dehnen folgendes bewirkt:
- Verringert Muskelspannung und läßt
den Körper sich entspannter fühlen.
- Fördert Muskelkoordinierung, indem
es freiere, leichtere Bewegung ermöglicht.
- Vergrößert die Anzahl der
Bewegungsmöglichkeiten.
- Verhindert Verletzungen wie
Muskelzerrungen. Ein starker, bereits gedehnter Muskel
verträgt Belastungen besser als ein starker,
ungedehnter Muskel.
- Erleichtert anstrengende Aktivitäten
wie Laufen, Skilaufen, Tennis spielen, Schwimmen und
Radfahren, weil es auf die Übung vorbereitet. Es ist
ein Weg, den Muskeln mitzuteilen, daß sie bald
arbeiten werden.
- Entwickelt Körperbewußtsein. Wenn
Du diverse Körperteile dehnst, konzentriert Du dich
auf sie und hast Kontakt zu ihnen. Du lernst dich
kennen.
- Hilft, die Kontrolle des Gehirns
über den Körper zu lockern, so daß er sich um
seiner selbst willen bewegt, anstatt aus Gründen des
Egos zum Wettstreit.
- Regt den Kreislauf an.
- Fühlt sich gut an.
Das leichte Dehnen
Wenn Du eine Dehnung beginnst, verbringe 10-30 Sekunden in
der leichten Dehnung. Kein Nachfedern! Mach weiter, bis Du
eine milde Spannung verspürst, und entspanne, während Du
die Dehnung hältst. Das Gefühl von Spannung sollte
abklingen, während Du in der Stellung bleibst. Sollte
dies nicht geschehen, laß etwas nach und finde einen Grad
der Spannung, der angenehm ist. Das leichte Dehnen
verringert muskuläre Verspannung und bereitet die Gewebe
auf das fortschreitende Dehnen vor.
Wie gedehnt wird
Dehnen ist leicht erlernbar. Aber es gibt einen richtigen
und einen falschen Weg, sich zu dehnen. Der richtige ist
ein entspanntes, kontinuierliches Dehnen, bei dem die
Aufmerksamkeit den Muskeln gilt, die gestreckt werden. Der
falsche Weg (den leider viele gehen) ist, auf und ab
federn oder sich zu dehnen bis der Schmerz einsetzt. Diese
Methoden können eher schaden als nützen. Wenn Du
regelmäßig dehnst, wirst Du merken, daß dir jede
Bewegung, die Du machst, leichter fällt. Es wird Zeit
brauchen, bevor verspannte Muskeln und Muskelgruppen
gelockert sind, aber diese Zeit ist schnell vergessen,
wenn Du beginnst, dich wohl zu fühlen.
Der Dehnreflex
Deine Muskeln werden von einem Mechanismus geschützt, der
Dehnreflex genannt wird. Wann immer Du die Muskelfasern zu
stark streckst (entweder durch Federn oder durch
Überdehnen), reagiert ein Nervenreflex, indem er den
Muskel ein Signal zum Zusammenziehen erteilt. Dies bewahrt
die Muskeln vor Schäden. Wenn Du dich also zu weit
dehnst, verhärtest Du genau die Muskeln, die Du zu dehnen
versuchst! Du erlebst eine ähnliche unfreiwillige
Muskelreaktion, wenn Du versehentlich etwas heißes
berührst. Bevor Du darüber nachdenken kannst, hat sich
dein Körper vor der Hitze zurückgezogen.
Das Halten einer Dehnung an der Grenze des Möglichen oder
das Auf- und Abfedern überanstrengt die Muskeln und
aktiviert den Dehnreflex. Hierdurch werden Schmerzen
verursacht sowie physische Schäden durch mikroskopische
Risse im Muskelgewebe. Dieses Reißen führt zur Bildung
von Narbengewebe innerhalb der Muskeln und damit zu einem
allmählichen Verlust der Elastizität. Die Muskeln werden
hart und schmerzhaft. Wie sollst Du dich noch für
tägliches Dehnen und Körperübungen begeistern, wenn
diese potentiell schädlichen Methoden angewendet werden?
Das fortschreitende Dehnen
Nach dem leichten Dehnen gehe langsam in das
fortschreitende Dehnen über. Auch hier kein Federn. Gehe
millimeterweise vor, bis Du wiederum eine milde Spannung
verspürst, und halte die Position für 10-30 Sekunden.
Bleibe in Kontrolle. Auch hier sollte die Spannung
nachlassen. Ist dies nicht der Fall, gib etwas nach. Das
fortschreitende Dehnen trimmt die Muskeln und vergrößert
ihre Beweglichkeit.
Atmen
Du solltest langsam, gleichmäßig und kontrolliert atmen.
Wenn Du dich vorbeugst, um Dich zu dehnen, atme bei der
Vorwärtsbewegung aus und dann langsam weiter, während Du
so bleibst. Halte beim Dehnen nicht die Luft an. Wenn Dir
eine Dehnlage natürliches Atmen erschwert, bist Du
offensichtlich nicht entspannt. Laß das Dehnen einfach
etwas nach, so daß Du natürlich atmen kannst.
Zählen
Zu Anfang zähle die Sekunden für jede Dehnung lautlos
vor dich hin. Dies wird sicherstellen, daß Du die
richtige Spannung lange genug hältst. Nach einiger Zeit
wirst Du dich nach dem Gefühl des Dehnens richten, ohne
dich durch Zählen ablenken zu lassen. |