VIETNAM 1965-75

 


KRIEG `70

In diesem Jahr weitete die Regierung Nixon den Krieg in Südostasien drastisch aus. Doch Nixon und sein einflußreicher Sicherheitsberater Henry Kissinger wußten, daß der Krieg nicht mehr allein mit militärischen Mitteln zu gewinnen war. Feur- kraft mußte in Verbindung mit Diplomatie eingesetzt werden, um durch einen Kompromißfrieden den ehrenvollen Abzug aus Vietnam zu erreichen. Die militärischen Erfolge sollten für die US-Diplomatie Zeit gewinnen. Vielleicht konnte man über China und die Sowjetunion auf Hanoi Druck ausüben, zugleich aber auch Zeit für die weitere Vietnamisierung schaffen.

Deutlich wurde diese Politik mit der Invasion Kambodschas im April. Im Fahrwasser eines pro-amerikasnischen Putsches griffen ARVN- und US-Truppen ein und versuchten, die Regionen Parrot`s Peak und Fish Hook von vietnamnesischen Kom- munisten zu "säubern".

Zum Ende des Jahres hatte sich die Zahl der US-Soldaten in Vietnam auf 334.600 reduziert, die Verluste waren gleichfalls auf die Hälfte gesunken. Beide Seiten vermieden größere Feldschlachten - die letzte große Bodenschlacht fand im Sep- tember statt - die meisten amerikanischen Verluste rührten von Minenfallen, Mörserangriffen oder Heckenschützenbeschuß.

Der Prozeß der Vietnamisierung  ging weiter voran, und die Grenzverteidigung wurde nun überwiegend von der ARVN wahr- genommen. Im Rahmen der Pazifizierungspolitik erreichte das umstrittene Phoenix Programm, mit dem Ziel der Zerstörung der Infrastruktur des VC, seinen Höhepunkt: Ende 1970 erklärte Saigon, daß 9 Prozent der Dörfer sicher waren und die Ge- meinderäte und Bürgermeister frei gewählt worden seien.

KRIEG `71

Der Vietnamkrieg wird im Jahre 1971 auf Laos und Kambodscha ausgedehnt. Die Erfolge der kommunistischen Pathet Lao und der NVA sowie die halbherzige Position der laotischen Regierung hatte die Amerikaner im Jahre 1970 wieder zu strate- gischen Bombern greifen lassen. B-52-Einsätze verwüsteten die Landschaft von Laos und machten 700.000 der zwei Millio- nen Einwohner zu Flüchtlingen.

Das Bombardement zeigte wenig Wirkung auf die Kommunisten und so entschloß man sich Ende 1970 zu einer Invasion der ARVN-Truppen - mit einer limitierten US-Luftunterstützung. Aber Operation Lam Son 719 war ein Fehlschlag: Der Transport auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad ging auch während der Operation weiter, die Schwächen der ARVN wurden offenkundig. Kissin- ger sagte: "Die Operation wurde mit Zweifeln entwickelt, mit Skepsis überschüttet und in Verwirrung durchgeführt."

Die Truppenstärke der USA in Vietnam ging von 280.000 auf 156.800 Soldaten ebenso zurück wie die US-Verluste: 1.386 Gefallenen statt der 4.204 im Jahre 1970. Die Moral der US-Soldaten war schlecht, die Drogenabhängigkeit wurde fast zu einer Seuche und Befehlsverweigerungen nahmen zu.

In den USA verhärteten sich die Fronten mit zunehmender Fragwürdigkeit der Regierungspolitik. Die Verurteilung von Leut- nant Calley für seine Beteiligung am Massaker in My Lai entfachte einen Proteststurm der Falken. Die Pentagon-Papiere enthüllten die doppelzüngigen Strategien der Regierung Johnson und gaben Tauben und Falken neue Argumente für altbe- kannte Auseinandersetzungen.

KRIEG `72

Am 30. März 1972 begann der Norden eine umfassende Offensive gegen Südvietnam. Die UdSSR hatte die NVA seit 1971 mit Panzern, Artillerie und Flugabwehrraketen ausgestattet und sie auf einen solchen Schritt vorbereitet. General Giap, der Planer der Offensive, wollte die ARVN auf das Äußerste belasten. Drei weit auseinander liegende Vorstöße waren vorgese- hen: Über die EMZ, von Kambodscha aus ins Zentrale Hochland und vom Süden Kambodschas aus auf Saigon. Mit dem Einfall ins Zentrale Hochland wollte Giap Südvietnam teilen, und Thieu sollte angesichts besetzter wichtiger Zentren wie Hue und Quang Tri kapitulieren.

Trotz des Abzugs der US-Bodentruppen reichte die taktische Luftunterstützung von ARVN und US-Truppen aus, um die Offensive zu stoppen. Schlüsselstädte wie Hue konnten von vornherein gehalten werden oder wurden zurückerobert. Die NVA wurde wurde durch die Wiederaufnahme der Luftangriffe auf logistische Ziele im Norden zusätzlich belastet. Die Ver- minung des Hafens Haiphong gelang. Durch ihn kam der größte Teil der sowjetischen Hilfe.

Nixon setzte die strategischen Bomber rücksichtslos als militärische, diplomatische und propagandistische Waffe ein. Die Luftangriffe auf Hanoi, die er später im Jahr befahl, erweckten den Eindruck, er habe "Hanoi an den Konferenztisch zurückge- bombt". Sein eigentliches Problem war die südvietnamnesische Regierung, die bei den Friedensgesprächen in Paris merk- te,  daß sie nun im Stich gelassen wurde. Zum Ende des Jahres war die Übereinkunft nach Nixons Vorstellungen schon in Sicht: Die Amerikaner würden abziehen und der Süden mußte dann allein weiterkämpfen.


   

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