Am Freitagmorgen, den 22. November, kamen eine Freundin von Susan, Angela und ihr Freund Ben, sowie Susans Eltern zu uns (sprich nach Toledo). Einer alten Tradition zufolge, muß die Braut hier "something old, something new, something borrowed, something blue" tragen (etwas Altes, etwas Neues, etwas Geborgtes, etwas Blaues). Das Alte kam von Susan's Oma, überbracht durch Susan's Mutter, in Form eines Taschentuchs. Geborgt hat sie sich, wegen der Tradition, den Nagellack ihrer Freundin Angela und Neu war das Kleid. Das Blaue belangt in Susan's Privatsphäre und soll deshalb hier verschwiegen werden.
Anschließend sind wir ins Stadtzentrum, zum Rathaus, gefahren. Dort mußten wir uns zunächst eine Lizenz zum Heiraten besorgen. Zwei Tage zuvor hatten wir uns extra persönlich bestätigen lassen, daß Norbert's Papiere dafür ausreichend seien. Als wir nach einiger Zeit Warten in der Schlange dran waren, mußten wir leider hören, daß Susan's Führerschein (hier gilt der Führerschein in vielen Sachen als wichtiges Dokument, da er aufgebaut ist wie unser Personalausweis und alle paar Jahre erneuert werden muß) nicht akzeptiert wird. Im Führerschein stand Susan's feste Adresse bei ihren Eltern. Etwas anderes hatte sie aber nicht mit sich. Angela's Freund Ben bot sich an, Susan nach Hause zu fahren, um ihr Schekbuch zu holen, indem ihre Adresse in Toledo steht (und das obwohl Toledo und Cleveland in Ohio sind, aber nicht zum selben Stadtbezirk gehoren). Wie Susan berichtete, hat sie diese Strecke noch nie so schnell zurückgelegt. Geschwindigkeitsbegrenzungen und rote Ampeln waren an diesem Tag nur Dekoration an der Strtaßenseite für Ben. Als sie dann zurückkamen, war es kein Problem mehr, die Lizenz zu bekommen und wir mußten auch nicht mehr so lange warten, da man uns vorließ.
Mit der Lizenz und den Hochzeitsgästen ging es dann zu einem Pastor. Es gibt dort 5 oder 6
solcher Pastoren, die im Rotationssystem die Paare trauen. Es besteht die Möglichkeit, die Hochzeit im Flur des Rathauses oder im Freien abzuhalten. Da es zwar kühl war, die Sonne aber schien, entschloßen wir uns für eine Hochzeit im Freien. Unter einem schönen Baum mit roten Beeren (keine Ahnung was das war) wurden wir dann getraut. Der Pastor (Reverend John Oliver) hatte sich mit Susan's Eltern vor der Trauung unterhalten und von ihnen erfahren, daß sie in ihrer Kirche sehr aktiv sind. Das war für den Pastor Anlaß, sie in die Zeremonie einzubeziehen. Susan's Mutter sprach ein Gebet am Anfang, begleitet von den Zwischenrufen des Pasotrs ('Oh yes Lord'... oder so; wie es in schwarzen Kirchengemeinden üblich ist). Als die Trauung dann begann, wurde Susan's Vater mehr eingebunden. Es war Susan's Vater, der uns fragte: "Willst Du Norbert, . . . Willst Du Susan, . . ." und wir beide antworteten: "ich will" . . . Er hatte dabei etwas Schwierigkeiten mit der Stimme und Tränen standen ihm in den Augen, da er nicht darauf vorbereitet war, seine eigene Tochter zu trauen. Der Pastor übernahm dann den Teil mit den Ringen, nachdem Susan's Vater feststellte, daß da etwas stand von: "Kraft der vom Staate Ohio mir verliehenen . . ." Da kamen dann meine Probleme, als der Pastor mich aufforderte seine Worte zu wiederholen: "With this ring I thee wed" (Übersetzung in 'normales' Englisch: With this ring I wed you...'; Übersetzung in Deutsch: "Mit diesem Ring nehme ich Dich....").Das ist altes Englisch, von dem ich noch nie gehört hatte. Also fragte ich nach, da ich es aber wieder nicht verstand schaute ich Susan hilflos an, die mir es dann auch noch mal vorsagte, als ich es dann immer noch nicht verstand, wiederholte ich einfach was ich verstanden hatte.
Nach der Trauung gingen wir dann zurück in unsere Wohnung, wo Susan und ich am Abend zuvor einen kleinen Imbis vorbereitet hatten. Eine schöne Torte als Ersatz für eine richtige Hochzeitstorte hatten wir auch. Mit der Hochzeitstorte hat es hier auch einen besonderen Brauch auf sich: das Ehepaar füttert sich gegenseitig ein Stück der Torte mit den Händen. Dies drückt das Vertrauen der Ehepartner ineinander aus. Norbert wußte natürlich, daß er Susan voll und ganz vertrauen konnte. Er konnte darauf vertrauen, daß Susan das Stück Torte, das sie in den Fingern hielt, in seinem Gesicht verreiben würde. Aber Susan kam dabei auch nicht zu kurz . . .
Im Laufe des Nachmittags kamen dann noch zwei weitere Freundinnen von Susan, Tammy und Diana. Alle acht wollten wir dann zum Restaurant fahren. Die Hochzeitsgäste ließen uns aber nicht fahren, bevor das Schild "Just Married" und die Dosen am Auto angebracht waren.
Wir sind dann in ein französisches Restaurant gegangen, wo wir mit Wein und verschiedenen Vorspeisen begannen. Als der Salat kam bekam Susan allerdings schon stechende Schmerzen in der Magengegend. Trotz eines kleinen Sp[azierganges im Freien wurde es nicht besser, so daß das Brautpaar die Hochzeitsparty noch vor dem Hauptgericht verlassen mußte. Das paßt zu unserer ganzen etwas 'ungewöhnlichen' Hochzeit, denn der übliche Brauch, daß das Brautpaar früher geht, wurde so beibehalten. Susan's Eltern brachten uns dann das eingepackte Hauptgericht nach Hause. Den geplanten Schulball am Abend ließen wir dann auch sausen . . .
Alle Hochzeitsgäste, vor allem Susan's Eltern und meine Schwiegereltern (ich hoffe das Wort ist richtig geschrieben, ich habe es noch nie zuvor benutzt), aber auch Susan und ich, waren sehr erfreut über den schönen Verlauf unserer Hochzeit. Trotz der hier beschriebenen Pannen war es festlicher als wir selbst erwartet hatten. Das alles mit nur 2 Tagen Vorbereitung.
Eine weitere lustige Geschichte hat sich 2 Tage später auf unserer Fahrt nach Detroit ergeben. Susan erblickte im Rückspiegel ein Polizeiauto. Sie achtete also besonders sorgsam darauf, das Tempolimit nicht zu überschreiten. Dennoch fuhr das Polizeiauto direkt neben uns und schaltete kurz die Sirene an. Susan war sich keiner Schuld bewußt und völlig verwirrt, was wohl der Grund sein könnte. Dennoch reihte sie sich in die äußerst rechte Spur ein, um auf dem Standstreifen anhalten zu können. Zu unserer Verwunderung hielt das Polizeiauto aber nicht an. In diesem Augenblick fiel uns ein, daß wir noch das Schild "Just Married" im Heckfenster hatten.
Unser Dank gilt all denen, die bei unserer Hochzeit dabei waren, persönlich oder in Gedanken. Ach ja, noch etwas: unsere Namen haben sich nicht verändert, wir heißen immer noch Susan Acker und Norbert Schmitt.