Diskussionsgrundlage

Geschrieben für die Gründungsveranstaltung der Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus in und bei der PDS

Vorbemerkung

Die Welt ist gegenwärtig einem Prozess unterworfen, der auf der einen Seite Globalisierung der Produktion, der Verteilung und des Finanzsystems bedeutet und sich auf der anderen Seite als Globalisierung von Armut und Hunger, von sozialer, ethnischer, sexueller und religiöser Diskriminierung und Ausgrenzung, von Raubbau an der Natur und Zerstörung der Umwelt darstellt. Eine Politik, die ihre Suche nach Lösungen wesentlich auf den Standort Deutschland oder eine Festung Europa beschränkt, ist den weltweiten Herausforderungen nicht gewachsen. Die ökonomischen, ökologischen und sozialen Probleme machen die Welt unteilbar und ihre Lösung erfordert globales und ressortübergreifendes Denken. Dieses muss von den Lebensbedürfnissen der Menschen, von den Prinzipien des sozial und ökologisch vertretbaren Wirtschaftens und des friedlichen und solidarischen Zusammenlebens ohne Ausbeutung, Unterdrückung und Entfremdung geleitet sein. Dem globalen Neoliberalismus muss das Projekt der universalen Demokratie und der solidarischen Gesellschaft entgegengestellt werden. Dies muss und kann mittels gelebten Internationalismus geleistet werden. Die PDS als linke sozialistische Partei muss diese Herausforderungen annehmen. Der erste Schritt dazu ist innerhalb und im Umfeld der Partei einen Beitrag zu universaler Demokratie und solidarischer Lebensweise und Gesellschaftsgestaltung zu leisten.

1. Konstituierungsmotive für die AG Internationalismus

Internationalismus ist nicht gleichzusetzen mit klassischer Außenpolitik und Pflege internationaler (Partei-Beziehungen. Er bedeutet breite Basisarbeit, Kooperation und vor allem Solidarität mit internationalen und sozialen Bewegungen, Kampagnen und Initiativen, permanente Kleinarbeit in Form von Gesprächen, gemeinsamen Aktionen und punktueller Zusammenarbeit mit Initiativen. Es entspricht dem Basisansatz, Strukturen und Vernetzungen von unten zu entwickeln, Widerstand von unten zu organisieren. Erfahrungen lehren, Dirigismus von oben sind in der Eine-Welt-Arbeit unmöglich und wirken sich verheerend aus. Internationalismus bedarf der Aktivistinnen und Aktivisten, die Ideen und Aktionen zusammenführen, die mit sozialen Bewegungen gleichberechtigt kooperieren und sich schnell ohne bürokratische Hürden solidarisieren können. Internationalismus muss in der PDS wieder mehr gelebt werden, d.h. internationalistische Solidarität nicht als verordnete Doktrin oder paternalistische Hilfe sondern als Lebensweise. Internationalismus muss als humanistischer Wert an sich gefördert werden und soll gleichzeitig in pädagogischer Absicht Weltsicht gegen provinzielle Standortlogik setzen. Internationalismus, der einen Neuansatz der Entwicklungspolitik einschließt, muss diese als Querschnittsaufgabe aller Politikbereiche fassen, er muss in Ideen, Aktionen und schließlich Politikangebote umgesetzt werden. Internationalismus ist aber auch in der PDS zu einem Politkanhängsel geworden. Diesen Zustand zu überwinden bedarf es eines konzentrierten und konzertierten Engagements. Internationalismus muss wieder und mehr zur Basis von Programmatik, Politik und Praxis einer linken, sozialistischen Partei werden.

Bisherige Ansätze einer solchen Arbeit in der PDS waren unzureichend, sind gescheitert - 1992 Internationalismusfonds, 1995/96 AG 'Eine Welt' - oder können schon aus der Aufgabenstellung anderer AG's oder rein kräftemäßig nicht geleistet werden.

Es gibt in den verschiedenen Arbeitszusammenhängen in und bei der PDS, im Sympathisantenkreis und im kooperierenden NGO-Bereich Aktivistinnen und Aktivisten, die sich erneut bzw. verstärkt der internationalistischen Arbeit in einer bundesweiten AG stellen wollen. Es gibt insbesondere bei Bündnis- und Kooperationspartnern bei internationalistisch engagierten Gruppen und Initiativen die Erwartung und die Forderung an eine sozialistische Partei, sich diesem Aufgabenfeld breiter und intensiver zu widmen, als das bisher der Fall gewesen ist.

2. Ziele und Aufgabenstellung

 Die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus diskutiert und  formuliert linke Ansätze eines Internationalismus, einer  Nord-Süd-Politik, einer Entwicklungspolitik und einer gerechten  Weltwirtschaftsordnung, die getragen sind von sozialer, ökologischer  und ökonomischer Nachhaltigkeit und internationalistischer  Solidarität. Dabei greift sie die theoretischen und praktischen Erfahrungen von in der Eine-Welt- und Umweltbewegung engagierten Einzelpersönlichkeiten, Soligruppen, Initiativen und NGO's auf.

 Die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus ersetzt, kopiert und  konkurriert nicht mit der konkreten materiellen und finanziellen  Soli- und Projektarbeit befreundeter Gruppen, NGO's und Initiativen,  sondern unterstützt deren Ansätze durch politische Solidarität bzw.  setzt deren Anregungen in eigene Politik und Politikbewusstsein um.  Die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus betreibt für den  formulierten Politikansatz Internationalismus/Entwicklungspolitik als  Querschnittsaufgabe Lobbyarbeit in den Strukturen der PDS und in der  Parteibasis mit dem Ziel, ihr einen größeren Stellenwert in Politik  und Programmatik der PDS einzuräumen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft  Internationalismus will durch entwicklungspolitische Bildungs- und  Aufklärungsarbeit bei der Wählerschaft und in der Bevölkerung  beitragen, eine solidarische, eine multikulturelle Weltsicht zu  verbreiten und nachhaltige, solidarische Lebensweise zu propagieren.

Zur Erfüllung dieser Zielstellungen wird die Bundesarbeitsgemeinschaft: - sich zu aktuellen Ereignissen positionieren und sich an nationalen und internationalen Kampagnen beteiligen; - eine eigenständige Öffentlichkeitsarbeit betreiben, sich in PDS-Publikationen und darüber hinaus mit ihren Positionen an die Öffentlichkeit wenden; - sich für die PDS in die nationalen aktuellen Diskussionen, Netzwerke, Kampagnen von entwicklungspolitischen und umweltpolitischen NGO's einschalten und trägt diese in die PDS weiter; - durch ihre Arbeit Unterstützung für PDS-PolitikerInnen auf den verschiedensten Ebenen und in den verschiedensten Politikbereichen leisten; - eng mit der PDS-nahen Stiftung "Gesellschaftsanalyse und politische Bildung" und den bestehenden Stiftungen und Vereinen politischer Bildung auf Länderebene zusammenarbeiten; - die Kontakte zu bundesweiten und internationalen PartnerInnen nicht nur der NGO-Ebene, sondern auch zu Kirchenstrukturen und -initiativen, anderen zivilgesellschaftlichen Kräften und auch zu anderen Parteien pflegen.

3. Arbeitsweise der Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus wird als eigenständige AG in und bei er PDS arbeiten.

Sie arbeitet entsprechend dem Ansatz, Eine-Welt-Politk ist Querschnittsaufgabe, die in alle Politikbereiche hineinreicht, mit allen anderen Arbeitsgemeinschaften in und bei der PDS eng zusammen und wird so versuchen einen interdisziplinären Ansatz von Internationalismus und Entwicklungspolitik in der Gesamtpartei voranzutreiben.

Sie wird die oben beschriebenen Aufgaben und Zielstellungen in Abgrenzung zum Aufgabenfeld der Arbeitsgemeinschaft Frieden- und Internationale Politik (FIP) verfolgen, also keine offiziellen Parteibeziehungen unterhalten. Sie kann und will die Arbeit der FIP nicht ersetzen, wird aber mit ihr wie mit allen anderen AG's in und bei der PDS eng zusammenarbeiten. Ebenso wenig wird die Bundesarbeitsgemeinschaft Internationalismus als Soli-Fonds agieren oder eigene Projektarbeit leisten, diese aber bei anderen NGO's, Initiativen und Gruppen politisch unterstützen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft wird sich mit Initiativen und Kampagnen und NGO-Zusammenschlüssen, kirchlichen in Initiativen und sozialen Bewegungen zeitweise und dauerhaft vernetzen. Sie wird in engen Kontakt zu den entwicklungspolitischen Ländernetzwerken treten.

4. Struktur und Mitgliedschaft

Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft kann jedes Individuum oder Gruppe werden, unabhängig ob sie/es Mitglied der PDS ist oder nicht, wenn es/sie gleichen bzw. weitgehend übereinstimmende Internationalismusansätze vertritt. Wert wird auf eine offene Mitgliedschaft für Sympathisantinnen und Sympathisanten sowie korrespondierende Mitglieder für Einzelpersonen, Initiativen, NGO's oder andere Zusammenhänge gelegt. Als inhaltlich arbeitende Arbeitsgemeinschaft kann sie entsprechend dem Statut genauso an der Erbringung und der Verwendung von Mitgliedsbeiträgen teilnehmen.

Struktur

a)      Höchstes Organ der Bundesarbeitsgemeinschaft ist die Mitgliederversammlung. Auf der Jahreshauptversammlung wählt sie einen Koordinierungsrat. Die Mitgliederversammlung fasst Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder zu:   - neuen Organisationsstrukturen   - Vertretungsrechten   - zur Erweiterung bzw. Veränderung der Zielstellung und der   Aufgaben. Die Mitgliederversammlung kann nach Bedarf zeitweilige Aktions- und Arbeitsgruppen zur Bearbeitung inhaltlicher Fragestellungen einsetzen.

b)      Der jährlich neu zu wählende Koordinierungsrat nimmt eine Sprecherfunktion, die Öffentlichkeitsarbeit und die Koordinierung der Umsetzung von Aufgaben zwischen den Mitgliederversammlung wahr. Der Koordinierungsrat legt sein Arbeitsrhythmus entsprechend seiner Zusammensetzung und der Möglichkeiten der Mitglieder selbst fest. Er ist der Mitgliederversammlung rechenschaftspflichtig. Ein Mitglied des Koordinierungsrates verwaltet die Kasse der Bundesarbeitsgemeinschaft. Finanz- und Sachbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Koordinierungsrates gefasst. Der Koordinierungsrat kann ebenso Aktions- und Arbeitsgruppen nach Bedarf zur Wahrnehmung inhaltreicher Aufgaben einsetzen.

c)      Entsprechend den aktuellen Aufgabenstellungen oder langfristigen Kampagnenbeteiligungen können Aktions- und Arbeitsgruppen zeitweise zu inhaltlichen Fragestellungen gebildet werden. Sie legen ihren Arbeitsrhythmus nach den eigenen Möglichkeiten selbst fest. Sie bilden aber keine eigenständige Struktur. Sie sind gegenüber dem Koordinierungsrat bzw. der Mitgliederversammlung rechenschaftspflichtig.

d)      Bei entsprechender Entwicklung der Bundesarbeitsgemeinschaft können Ländergruppen oder Kommunalgruppen aufgebaut werden.   Dieses Dokument war keine Beschlussvorlage, sondern diente als Orientierung in der Diskussion.

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